Familienrecht für Landwirte

A. Besonderheiten der Vermögensaufteilung bei Scheidung

I. Gesetzlicher Güterstand der Zugewinngemeinschaft

Landwirte, die in Zugewinngemeinschaft leben, müssen im Scheidungsfall den Wertzuwachs ihres Betriebes mit dem Ehegatten teilen. Der Wertzuwachs ermittelt sich aus dem Ertragswert.

Sind die Landwirtseheleute ohne Ehevertrag mit Regelung zum Güterrecht verheiratet und leben damit im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft , sind bei Scheidung bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs Besonderheiten zu beachten.

  • Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass das bei Eheschließung vorhandene Vermögen (Anfangsvermögen) im Eigentum jedes Partners verbleibt – auch Erbschaften und Schenkungen (im Hinblick auf ein späteres Erbe ) während der Ehe. Der Vermögenszuwachs während der Ehe stellt den Zugewinn dar. Zugewinn wird ermittelt, indem die Differenz zwischen Anfangsvermögen (Tag der Eheschließung) mit dem Endvermögen (Tag der Zustellung des Scheidungsantrages durch das Gericht) ermittelt wird. Hat ein Ehepartner einen höheren Zugewinn erzielt, steht dem anderen Ehepartner die Hälfte des Überschusses zu. Der Ausgleich erfolgt bei Beendigung des Güterstandes infolge Scheidung oder Tod.

Unter bestimmten Voraussetzungen wird hier der landwirtschaftliche Betrieb (u.a. Flächen, Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Inventar, Nebenbetriebe) nicht nach dem Verkehrswert sondern nach dem – in der Regel geringeren - Ertragswert bewertet.

Der Ertragswert wird durch Kapitalisierung des Reinertrages ermittelt. Grundsätzlich sind wenigstens die letzten fünf betriebswirtschaftlichen Abschlüsse vorzulegen sowie die ersten fünf Abschlüsse nach Überlassung des Hofes mit Eröffnungsbilanz nebst Hofüberlassungsvertrag.

Diese Regelung bezweckt die Erhaltung der landwirtschaftlichen Höfe – allerdings mit der Folge dass der eingeheiratete Partner evtl. keinen oder nur einen geringen Vermögensausgleich zu erwarten hat – Absicherung aber durch Ehevertrag möglich (s. unten "Ehevertrag")

Voraussetzungen für Ertragswertansatz

1. schützenswerter land- und fortwirtschaftlicher Betrieb

  • der Betrieb muss leistungsfähig sein
  • die eingesetzten Produktionsfaktoren Arbeit, eigene Fläche, Eigenkapital müssen angemessen entlohnt werden
  • landwirtschaftlicher Betrieb der dauerhaft mit einem geringen Gewinn arbeitet, ist nicht schützenswert
  • auch Nebenerwerbsbetriebe, wenn dieser zu einem wesentlichen Teil zum Lebensunterhalt des Inhabers beiträgt (20 % des Gesamteinkommens des Inhabers)

2. Betrieb im Anfangs- und Endvermögen

  • der land- oder forstwirtschaftliche Betrieb muss bereits bei Eintritt des Güterstandes (Eheschließung) zum Vermögen des Ausgleichschuldners gehört haben
  • oder während der Ehe geerbt oder während der Ehe im Wege der Hofübergabe als vorweggenommene Erbfolge erworben worden sein
  • er landwirtschaftliche Betrieb muss auch bei Beendigung des Güterstandes noch vorhanden sein

3. Ausgleichspflicht des Betriebsinhabers

Die Bewertung nach dem Ertragswert ist nur dann möglich, wenn der Eigentümer des Betriebes einen höheren Zugewinn erwirtschaftet hat und damit zugewinnausgleichspflichtig ist.

Macht der Betriebsinhaber Zugewinnausgleichsansprüche geltend, wird der Betrieb mit dem Verkehrswert im Anfangs- und Endvermögen angerechnet. Eine Betriebszerschlagung durch hohe Ausgleichsforderungen nach Verkehrswertbewertung soll dadurch verhindert werden.

4. Fortführung / Wiederaufnahme

  • der landwirtschaftliche Betrieb muss durch den Eigentümer oder einem Abkömmling fortgeführt oder wieder aufgenommen werden
  • auch auf Jahre verpachteter Betrieb kann unter Umständen mit Ertragswert bewertet werden.

5. Ausgenommen vom Ertragswertansatz

  • Grundstücke, die während der Ehe zu Bauland / Bauerwartungsland werden, Mietshäuser
  • langfristig verpachtete Grundstücke, z.B. für Golf- oder Campingplätze sind nicht betriebsnotwendig
  • nach der Eheschließung erworbene landwirtschaftliche Nutzflächen sind mit Verkehrswert anzusetzen, Ausnahme: Flächenzukauf führt nur zu einer bis zu 5%igen Betriebsvergrößerung bzw. dient dem Ausgleich von verkauften betriebsnotwendigen Flächen
  • grundlegende Verminderung oder Vermehrung des Viehbestandes, Veräußerung oder Erwerb überdimensionierter Maschinen oder Anlagen und wird dadurch der Betrieb nicht nur umgestellt, sondern wesentlich beschränkt oder erweitert, werden diese Ausstattungen mit dem Verkehrswert im Anfangs- und Endvermögen bewertet
  • nicht mehr benötigte Vermögensbestandteile, z.B. ehemalige Altenteilhäuser oder umgebaute Wirtschaftsgebäude, die anderweitig vermietet wurden
  • aber:
    Direktvermarktung, Hofläden, Maschinendienstleistungen und Ferienwohnungen als unselbständige landwirtschaftliche Nebenbetriebe sind mit Ertragswert zu berücksichtigen

II. Gütergemeinschaft

Landwirte, die in Gütergemeinschaft leben, können ihren Betrieb im Scheidungsfall zurückverlangen. Nur die Wertsteigerung die der Betrieb während der Ehe erfahren hat muss zwischen den Eheleuten geteilt werden. Im Gegensatz zur Zugewinngemeinschaft erfolgt die Vermögensbewertung nach dem Verkehrswert.

Die Gütergemeinschaft wird durch den notariell zu schließenden Ehevertrag begründet.

Bei Gütergemeinschaft wird das in die Ehe eingebrachte, und später erworbene Vermögen beider Eheleute zu deren gemeinschaftlichem Vermögen zusammengefasst, dem sog. Gesamtgut. In der Regel wird auch der landwirtschaftliche Hof, der in die Ehe mit eingebracht wird oder während der Ehe von den Eltern übernommen wird, Gesamtgut. Zum Gesamtgut gibt es noch das Sondergut (rechtsgeschäftlich nicht übertragbare Vermögensgegenstände, wie nicht abtretbare oder unpfändbare Ansprüche oder Nießbrauchrechte und persönliche Dienstbarkeiten) und Vorbehaltsgut (durch Ehevertrag dazu bestimmt, oder Vermögensgegenstände, die ein Ehegatte von Todes wegen oder durch Schenkung erhält, wenn der Erblasser oder Zuwendende bestimmt hat, dass der Gegenstand Vorbehaltsgut sein soll).

Gewählt wird die Gütergemeinschaft in den Fällen, in denen landwirtschaftliche Betriebe von den Eltern auf Kind und Schwiegerkind gemeinsam übertragen werden. Hier bietet § 1477 Abs. 2 S. 2 BGB die Gewähr, dass der landwirtschaftliche Betrieb im Falle des Scheiterns der Ehe dem Kind erhalten bleibt, da es eingebrachte und geerbte Gegenstände übernehmen kann.

Besser ausgeprägt bei der Gütergemeinschaft ist der Schutz des in einen landwirtschaftlichen Betrieb einheiratenden Ehegatten. Im Falle der Beendigung der Gütergemeinschaft durch Scheidung kann jeder Ehegatte die in die Gütergemeinschaft eingebrachten Gegenstände zurückfordern, sowie diejenigen Sachen, die ein Ehegatte zur Gemeinschaft durch Schenkung, Ausstattung, Erbfolge, Vermächtnis oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erworben hat.Im Gegenzug hat er Wertersatz zu leisten. Maßgebend ist der Wert bei der Übernahme.

Ein Landwirt kann deshalb den Hof, den er in die Ehe eingebracht hat oder während der Ehe von den Eltern übertragen erhalten hat, zurückfordern. Der andere Ehegatte hat einen Anspruch auf Wertersatz. Der Wertersatz ergibt sich aus der Wertsteigerung des Betriebes während der Ehezeit und ist zur Hälfte an den Ehepartner auszubezahlen. Im Unterschied zur Zugewinngemeinschaft wird bei der Gütergemeinschaft der landwirtschaftliche Betrieb grundsätzlich mit dem Verkehrswert bewertet zum Zeitpunkt der Einbringung in die Ehe als auch bei Beendigung der Gütergemeinschaft (Scheidung).

Beispiel

a)Wert des Hofes zum Zeitpunkt Scheidung 1.000.000 EUR
./. Darlehen200.000 EUR
____________
800.000 EUR
./. Wert des Hofes bei Heirat 400.000 EUR
____________
Überschuss 400.000 EUR
: 2 = Wertersatzanspruch des eingeheirateten Ehepartners 200.000 EUR


B. Landwirtschaftlicher Ehevertrag

I. Schutz des landwirtschaftlichen Betriebes z.B. durch nachfolgende Gestaltungsmöglichkeiten

  • landwirtschaftlicher Betrieb, weder im Anfangsvermögen, noch im Endvermögen berücksichtigen
  • Klarstellung, ob Nebenbetriebe, z.B. Windkraft, Biogasanlagen etc., zum Hofvermögen gehören
  • Regelung, dass auch Bauland, Zu- und Ersatzkäufe von Grund und Boden nach Ertragswertverfahren zu bewerten sind

II. Absicherung des einheiratenden Ehegatten u.a. durch nachfolgende Gestaltungsmöglichkeiten

  • Pauschaler Zugewinnausgleich z.b. für jedes Jahr der Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb wird ein best. Kapitalbetrag festgelegt, der bei Scheidung insgesamt ausbezahlt wird
  • der einheiratende Ehegatte schuldet keinen Zugewinnausgleich, selbst wenn er zugewinnausgleichspflichtig wäre
  • zugunsten des einheiratenden Partners wird eine Kapitallebensversicherung, Sparvertrag, private Rentenversicherung u.a. abgeschlossen
  • Unterhaltsregelung für die im Betrieb mitarbeitende Ehefrau für den Fall einer Trennung und Scheidung
  • Falls Angehörige des Hofeigentümers zu pflegen sind und eingeheiratete Ehefrau Pflege übernommen hat sollte Ausgleich vereinbart werden


Die oben genannten Vorschläge sind nur Anregungen für die erforderliche individuelle Ausgestaltung eines Ehevertrages bzw einer Scheidungsfolgenvereinbarung.