Erbrecht für Landwirte in Bayern

I. Landguterbrecht

1. Wer braucht ein Testament ?

Wer kein Testament errichtet, überlässt die Nachfolgeregelung dem Gesetz, welches aber nicht immer gerecht - deshalb zu Familiensteitigkeiten führen kann - und vor allem oft steuerlich ungünstig ist.

a. Familie mit zwei Kindern - Ehemann besitzt ein Einfamilienhaus – Ehemann verstirbt und wird beerbt von seiner Ehefrau und den zwei Kindern, die eine Erbengemeinschaft bilden und sich über die Auseinandersetzung einigen müssen. Die Kinder können von der Mutter Miete fordern da sie jetzt Miteigentümer des Hauses sind. Die Kinder können die Ausza hlung Ihres Erbteils fordern. Kann die Mutter nicht zahlen, muss das Haus verkauft werden. Falls die Mutter sich weigert das Haus zu verkaufen, können die Kinder die Teilungsversteigerung des Hauses beantragen.
Durch entsprechendes Testament kann dies verhindert werden.

b. Patchworkfamilie – Ehemann hat zwei Kinder aus 1. Ehe und ein Einfamilienhaus – 2. Ehefrau hat zwei Kind er aus 1. Ehe – Ehemann verstirbt und wird beerbt von der 2. Ehefrau zu ½ und den Kindern aus 1. Ehe zu je ¼. Die zweite Ehefrau verstirbt und ihren Hausanteil erben ihre Kinder aus 1. Ehe.
Die Kinder des Ehemannes, der das Haus in die Ehe eingebracht hat, besitzen jetzt nur die ½ des väterlichen Hauses. - Durch Testament mit Vor-Nacherbschaft kann das Haus für die eigenen Kinder erhalten bleiben.

c. Landwirtschaftlicher Betrieb gehört Ehemann – Ehemann verstirbt - Ehefrau und die zwei Kinder erben den landwirtschaftlichen Betrieb in Erbengemeinschaft, Ehefrau zu ½ und die Kinder zu je ¼.
Die Kinder fordern die Auszahlung ihres Erbanteils. Der Hof wird nach Verkehrswert bewertet – es müssen erheblich Grundstücke verkauft werden um den ½ Verkehrswert ausbezahlen zu können, dadurch bei Verkauf von den Grundstücken vorab noch der Staat Steuern fordert – oft kann dann der Betrieb nicht mehr fortgeführt werden.
Durch Testament mit Alleinerbeinsetzung Ehefrau und Anordnung der Pflichtteilsbemessung nach Ertragswert (= ca 1/10 vom Verkehrswert) kann der Hof erhalten und Familienstreitigkeiten vermieden werden.

2. Bei Erbauseinandersetzung wird der Hof nur mit Ertragswert angesetzt

Privilegierung des Hof-Erben und Schlechterstellung der weichenden Erben, um die Zerschlagung eines Betriebes nach einem Erbfall zu vermeiden.

  • Hat der Erblasser angeordnet, dass der landwirtschaftliche Betrieb an einen der Erben aufgrund einer Teilungsanordnung zufallen soll oder hat der Erblasser einem Miterben ein Übernahmerecht eingeräumt, so haben die weiteren Erben der Erbengemeinschaft nur einen Anspruch auf Auszahlung nach dem Ertragswert (statt nach dem höheren Verkehrswert) des Hofes wenn sich im Wege der Testamentsauslegung ein anderer Wille des Erblassers nicht entnehmen lässt.
  • Unter Landwirtschaft fallen Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft, der erwerbsgärtnerische Anbau von Blumen und Zierpflanzen, der Betrieb von Baumschulen, der Obst- und Weinbau und die Fischerei in Binnengewässern; die Tierhaltung ist dann Landwirtschaft, wenn sie überwiegend, also zu mehr als 50 % auf eigener Futtergrundlage basiert.
  • Der Ertragswert richtet sich nach dem jährlichen Reinertrag, den das Landgut nach seiner bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig gewähren kann.

3. Das Privileg für Landwirte gilt auch für Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche

Die Pflichtteilsansprüche orientieren sich nicht nach dem Verkehrswert des Hofes, sondern nach dessen Ertragswert.

Hat Erblasser bereits zu Lebzeiten Hof übergeben und stellt dies eine Schenkung dar, richten sich die Pflichtteilsergänzungsansprüche ebenfalls nach dem Ertragswert.

II. Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes

Wurde testamentarisch nicht geregelt, wer Hofnachfolger werden soll und sind mehrere Erben vorhanden, die eine Erbengemeinschaft bilden und sich nicht einigen können wer den Hof weiter führen soll, besteht die Möglichkeit beim Landwirtschaftsgericht - nach dem Grundstücksverkehrsgesetz - die ungeteilte Zuweisung des Hofes an einen der Miterben zu beantragen. Die anderen Erben erhalten dann auf der Basis des niedrigeren Ertragswertes eine Abfindung nebst einem Nachabfindungsanspruch (Nachabfindungsanspruch: wenn Erwerber binnen 15 Jahren nach Erwerb aus dem Betrieb durch Veräußerung oder auf andere Weise, die den Zwecken der Zuweisung fremd ist, erhebliche Gewinne erzielt).

Voraussetzung

  • Leistungsfähige Hofstelle
  • Dem Miterben ist der Betrieb zuzuweisen, der nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers den Hof übernehmen, soll und u.a. in der Lage ist den Hof selbständig und ordnungsgemäß zu bewirtschaften.

III. Erbauseinandersetzung

Lösung der Probleme einer Erbengemeinschaft durch Gründung einer GbR?

Für die Gründung einer GbR spricht nachfolgendes:
  • Jeder Miterbe einer Erbengemeinschaft kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen in Form einer Teilungsversteigerung, dadurch kann Druck ausgeübt werden, um Entscheidungen durchzusetzen.
  • Ein Gläubiger eines Miterben kann unmittelbar in den Miterbenanteil pfänden und damit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft betreiben.
  • Im Erbfall eines Miterben werden seine Erben wiederum Bestandteil der Erbengemeinschaft. Durch weitere Miterben kann die Verwaltung des Nachlassvermögens sich noch schwieriger gestalten.
  • Um der Gefahr vorzubeugen, dass fremde Personen in eine Erbengemeinschaft eindringen und diese noch vergrößern, kann eine GbR gegründet werden – eine GbR kann formlos gegründet werden, im Gesellschaftsvertrag kann geregelt werden, dass fremde Personen in die Gesellschaft nicht eindringen können.
  • Im Gesellschaftsvertrag kann geregelt werden, dass ein Gesellschafter gegen Zahlung einer Abfindung ausgeschlossen werden kann.
  • Es kann geregelt werden, dass ein Gesellschafter bei einer Kündigung, Tod oder einer Insolvenz automatisch aus der GbR ausscheidet und gegen die GbR dann lediglich einen schuldrechtlichen Abfindungsanspruch hat.
  • Die GbR kann - im Gegensatz zur Erbengemeinschaft – weitere Vermögenswerte erwerben und auch veräußern.
  • Im Gegensatz zur Erbengemeinschaft, die auf Abwicklung und Verteilung gerichtet ist, bietet die GbR mehr Gestaltungsspielraum.
  • Es kann auch dadurch die Verteilung des Nachlasses verhindert werden (z.B. kann der Fortbestand eines landwirtschaftlicher Betriebes in der Familie - durch Gründung einer GbR der Erben - erhalten bleiben)


  • München, den 5.7.2021

    Aktuell: Für Personengesellschaften stehen Reformen an, die zum 1.1.2023 in Kraft treten werden, so soll für eine GbR die Möglichkeit bestehen sich in einem Register zu registrieren.