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Unterhaltsansprüche nach dem Tod des Unterhaltspflichtigen

Es gilt folgender Grundsatz: Unterhaltsberechtigte, die selbst erb- oder pflichtteilsberechtigt sind, erhalten keinen Unterhalt nach dem Tod des Unterhaltspflichtigen.

  1. Kindesunterhalt

    Da Kinder pflichtteilsberechtigt sind und ihr Unterhalt durch diesen Pflichtteil gesichert wird, erlischt ihr Anspruch mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen.

  2. Betreuungsunterhalt der nichtehelichen Mutter

    Der Anspruch der nichtehelichen Mutter oder des nichtehelichen Vaters wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes erlischt nicht mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen. Dieser Anspruch kann im Rahmen der gesetzlichen Beschränkungen gegen die Erben geltend gemacht werden.
    Die Neuregelung des Unterhaltsrechts, die seit 01.01.2008 gilt, sieht hier Einschränkungen vor (vgl. den Beitrag "Die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Betreuungsunterhalts nach dem neuen Unterhaltsrecht" in diesem Heft).

  3. Unterhaltsansprüche von Ehegatten

    • 3.3.1 Keine Haftung der Erben
      1. Familienunterhalt

        Sind die Eheleute zum Zeitpunkt des Todes des Unterhaltspflichtigen noch verheiratet, erlischt der Unterhaltsanspruch der Unterhaltsberechtigten. Da der Ehegatte erbberechtigt ist bzw. in Fällen einer testamentarischen oder erbvertraglichen Regelung den Pflichtteil geltend machen kann, ist sein Unterhalt durch den Erb- bzw. Pflichtteil gesichert.

      2. Trennungsunterhalt vor Scheidungseinreichung

        Stirbt der Unterhaltsverpflichtete während der Trennungszeit - bevor eine Scheidung beantragt wurde -, endet die Unterhaltspflicht, da der getrenntlebende Ehegatte immer noch erb- und pflichtteilsberechtigt ist.

    • 3.3.2 Haftung der Erben
      1. Trennungsunterhalt nach Einreichung der Scheidung

        Wenn beim Tod des einen Ehegatten die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Verstorbene die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, erlischt das Erb- und Pflichtteilsrecht des getrenntlebenden Ehegatten. Der Erbe schuldet aber die bis zum Todestag rückständigen Trennungsunterhaltsbeträge und den laufenden Trennungsunterhalt beschränkt auf den Pflichtteilsanspruch. Insoweit gilt die gleiche Regelung wie für den Geschiedenen-Unterhalt (siehe dazu Buchstabe d und e)

      2. Nachehelicher Unterhalt

        Der geschiedene Ehegatte hat weder einen Erb- noch einen Pflichtteilsanspruch. Durch den Tod des Unterhaltsschuldners geht der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten aber nicht unter, sondern setzt sich gegen die Erben des geschiedenen Ehegatten fort, wenn nachfolgende Voraussetzungen erfüllt sind:

        • aa. Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten

          Hier ist zu prüfen, ob mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Renten (Zahlung einer Geschiedenenrente bei Scheidungen vor dem 01.01.1977, Zahlung einer Geschiedenen-Hinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder auf Leistungen aus einer Lebensversicherung usw.) zustehen.

        • bb. Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen

          Die Leistungsfähigkeit des verstorbenen Unterhaltspflichtigen ist nicht mehr maßgeblich. Auch die Beschränkungen des Unterhaltsanspruches wegen des Vorrangs minderjähriger Kinder oder des Gleichrangs eines weiteren Ehegatten entfallen, weil deren Unterhaltsansprüche mit dem Tode des Verpflichteten erlöschen und danach durch Erb- und Pflichtteilsansprüche kompensiert werden. Der Unterhaltsberechtigte kann nunmehr den vollen eheangemessenen Bedarf verlangen.

        • cc. Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen

          Damit der geschiedene Unterhaltsberechtigte seine Unterhaltsansprüche beziffern kann, hat er einen Auskunftsanspruch gegenüber den Erben. Die Erben ihrerseits haben einen Anspruch gegenüber dem geschiedenen Unterhaltsberechtigten in Bezug auf dessen Einkünfte und Vermögen.

    • 3.3.3 Beschränkte Erbenhaftung - Regelung im einzelnen
      Gemäß § 1586 b Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 BGB ist die Haftung der Erben auf den fiktiven Pflichtteil begrenzt, den der Unterhaltsberechtigte ohne Scheidung geltend machen könnte. Beim gesetzlichen Erbrecht richtet sich die Quote nach dem kleinen Pflichtteil. Der Güterstand, der im Falle einer nicht geschiedenen Ehe für die Pflichtteilsquote entscheidend wäre, spielt hier keine Rolle. Der kleine Pflichtteil entspricht grundsätzlich der Quote von 1/8.

      Entweder bezahlen die Erben den 1/8-Pflichtteilsanspruch in einer Summe an die Unterhaltsberechtigte aus oder sie bezahlen den geschuldeten Unterhalt, bis der Pflichtteil von 1/8 aufgebraucht ist.

      Beispiel:

      Unterhaltsanspruch EUR 1.000,00 im Monat Pflichtteilswert des Nachlasses EUR 120.000,00

      Mithin könnten noch für 10 Jahre Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden.

      Bei der Berechnung sind die nach der Scheidung geborenen ehelichen oder nichtehelichen pflichtteilsberechtigten Kinder zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind die Pflichtteile später geschiedener Ehegatten oder eines im Zeitpunkt des Erblassers vorhandenen neuen Ehegatten, weil der Unterhaltsberechtigte so zu stellen ist, als wäre die Ehe nicht geschieden worden. Bei mehreren unterhaltsberechtigten Ehegatten aus mehreren aufgelösten Ehen ist für später geschiedene Ehegatten regelmäßig nur von einem niedrigeren Nachlasswert auszugehen als beim früher geschiedenen Ehegatte.

      1. Höhe der Haftungsquote

        Entscheidend ist der Wert des gesamten Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalles (nach Abzug sämtlicher Nachlassverbindlichkeiten) und nicht nur das Vermögen, das der Verstorbene zum Zeitpunkt der Scheidung besessen hatte. Nach herrschender Meinung ist keine Unterhaltsschuld gegenüber einem weiteren Ehegatten abzuziehen. Da das Vermögen zum Zeitpunkt des Erbfalles entscheidend ist, kann sich dadurch eine Besserstellung des Unterhaltsberechtigten ergeben, weil ihm Vermögenszuwächse nach der Scheidung zugute kommen können. Hat der verstorbene Unterhaltspflichtige etwaigen Vermögenserwerb nur durch seine Sparsamkeit aus der ihm während der Zeit der Unterhaltszahlung verbleibenden Restquote seines Einkommens erzielt, so partizipiert vielmehr der geschiedene Ehegatte daran.

        Bei der Ermittlung der Haftungsquote sind auch Pflichtteilsergänzungsansprüche einzubeziehen, mithin auch Zuwendungen in den letzten 10 Jahren vor dem Todestag an die zweite Ehefrau. Der spätere Ehegatte ist gegenüber dem geschiedenen Ehegatten sogar verpflichtet, alle vom Verstorbenen erhaltenen unbenannten Zuwendungen zu offenbaren. Exemplarisch sei hier der BGH-Fall aus dem Jahr 2007 erwähnt (siehe BGH NJW 2007, 3207). Der verstorbene Unterhaltspflichtige hatte seiner zweiten Ehefrau unentgeltliche Zuwendungen gemacht. Die zweite Ehefrau hatte das Erbe aufgeschlagen. Erben wurden die Töchter aus erster Ehe. Die geschiedene erste Ehefrau konnte von den Erben (ihren Kindern) als Ergänzung ihres Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich ihr Pflichtteil erhöhen würde, wenn die Zuwendung ihres verstorbenen Ehegatten an seine zweite Ehefrau dem Nachlass hinzugerechnet wird. Ansprüche gegen die beschenkte zweite Ehefrau (die das Erbe ausgeschlagen hat), hat die geschiedene erste Ehefrau nicht.

      2. Haftungsbeschränkung

        Der Erbe kann die Haftung auf den Nachlass beschränken, muss sich diese Haftungsbeschränkung - falls er auf Zahlung von Unterhalt verurteilt wurde, einen gerichtlichen oder Anwaltsvergleich geschlossen hat - vorbehalten nach § 780 ZPO.

      3. Erbengemeinschaft

        Vor der Erbteilung müssen die Nachlassverbindlichkeiten und damit auch die Unterhaltsverpflichtungen berichtigt bzw. zurückbehalten werden. Nach der Erbteilung haften die Erben als Gesamtschuldner. Sollte sich wegen eventueller Unterhaltsforderungen eine überschuldung des Nachlasses ergeben, kann jeder Miterbe vor oder nach der Erbteilung das Nachlass-Insolvenzverfahren beantragen.

      4. Ausschluss der Erbenhaftung für nachehelichen Ehegattenunterhalt

        • aa. Der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau gegen die Erben entfällt, wenn sie wieder geheiratet hat.

        • bb. Verwirkung

          Der Erbe des Unterhaltsverpflichteten kann sich auf die Verwirkung gem. § 1579 Abs. 2 BGB berufen, wenn diese Verwirkungsgründe nach dem Tod des Erblassers entstanden oder erst dann bekannt geworden sind, z. B. eine Verfestigung einer Lebensgemeinschaft der geschiedenen Ehefrau.

    • 3.3.4 Wegfall der Haftung durch vertragliche Vereinbarungen
      Strittig in der Literatur ist, ob ein Erb- und Pflichtteilsverzicht, der oftmals im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung aufgenommen wird, auch den nachehelichen Ehegattenunterhalt bei Ableben des Unterhaltsverpflichteten zu Fall bringt. Eine Rechtsprechung des BGH zu dieser Problematik existiert bis dato nicht.

      Um die Verpflichtung der Erben zur Bezahlung des nachehelichen Ehegattenunterhalts auszuschließen, empfiehlt es sich, eine eindeutige vertragliche Regelung vorzunehmen. Nach Rechtskraft der Scheidung kann diese auch formlos (schriftlich, mündlich oder konkludent) durchgeführt werden. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich aber, sowohl vor als auch nach der Rechtskraft der Scheidung eine notarielle Beurkundung bzw. im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung eine gerichtliche Protokollierung vorzunehmen. Die Eheleute können entweder einen vollständigen Unterhaltsverzicht (unter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung zu dieser Problematik) oder Verzicht auf die passive Vererblichkeit des Unterhaltsanspruchs mit oder ohne Zahlung einer Abfindung oder Verzicht auf den Pflichtteil mit oder ohne Abfindung mit der Klarstellung, dass eine Haftung der Erben für den nachehelichen Unterhalt nicht gelten soll oder zeitliche oder betragsmäßige Begrenzung der Unterhaltszahlung oder Festlegung eines Zeitpunkts, ab dem eine Erwerbsobliegenheit der Unterhaltsberechtigten den passiv vererbten Unterhaltsanspruch entfallen lässt oder Bestimmung einer festen Quote des schuldenfreien Nachlasses als Haftungsquote.

      Um zu vermeiden, dass eventuell gemeinsame Kinder oder die zweite Ehefrau durch den nachehelichen Unterhalt belastet werden, würde es sich anbieten, eine Risiko-Lebensversicherung abzuschließen.

      In jedem Fall sollte hier eine eingehende rechtliche Beratung bei einem Fachanwalt für Familienrecht eingeholt werden.

  4. Reform des Versorgungsausgleichs

    Durch die Strukturreform wird das materielle Recht und das Verfahrensrecht des Versorgungsausgleichs neu geregelt - am Grundsatz der Teilung der in der Ehe erworbenen Versorgung wird aber nichts geändert.
    1. Bisher wurden alle während der Ehezeit erworbenen unterschiedlichen Versorgungen (Deutsche Rentenversicherung; Betriebsrente; Pensionskasse usw.) und der Ausgleich der Wertdifferenz immer über die gesetzliche Rentenversicherung durchgeführt.

      Künftig sollte jede Versorgung, die ein Ehepartner in der Ehezeit erworben hat, im jeweiligen Versorgungssystem zwischen beiden Eheleuten geteilt werden.

      Der jeweils ausgleichsberechtigte Ehegatte erhält einen eigenen Anspruch auf eine Versorgung bei dem Versorgungsträger des anderen ausgleichspflichtigen Ehegatten.

      Dies gilt auch für Versorgungen von Bundesbeamten.

      Auch betriebliche und private Anrechte können künftig bei der Scheidung vollständig und endgültig zwischen den Eheleuten geteilt werden. Der bei Betriebsrenten bisher übliche vorbehaltende schuldrechtliche Versorgungsaugleich, der erst im Rentenalter durchgeführt werden kann, wird damit überflüssig.

      Die Eheleute müssen sich also künftig Jahre nach der Scheidung nicht mehr mit Fragen der Versorgung auseinandersetzen.

      Zum Beispiel:

      Der Ehemann hatte in der Ehezeit eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente mit einem Kapitalwert von € 20.000,00 erworben. Die Ehefrau erhält nun bei dem Versorgungsträger eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente im Wert von € 10.000,00 Die Anwartschaft des Ehemannes mindert sich dadurch entsprechend.

      Künftig müssen die Anrechte von verschiedenen Versorgungsträgern (z.B. Betriebsrente, private Altersvorsorge usw.) nicht mehr miteinander vergleichbar gemacht werden. Die Barwertverordnung als bisheriges Hilfsmittel kann damit entfallen.

      Künftig können der ausgleichsberechtigte Ehegatte und der Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen Ehegatten auch vereinbaren, dass die Begründung des Anrechts bei einem anderen Versorgungsträger stattfindet.

      Die Obergrenze für dieses Abfindungsrecht liegt bei ca. € 50,00 monatliche Rente bzw. € 6.000,00 Kapitalwert.

    2. Bei einer Ehezeit von bis zu 2 Jahren findet künftig ein Versorgungsausgleich nicht mehr statt. Folglich können die Eheleute schneller geschieden werden.

    3. Bei geringen Wertunterschieden - ca. 25 € monatlicher Rente bzw. Stichtagswert von € 300,00 Kapitalwert - wird künftig der Versorgungsausgleich nicht mehr durchgeführt werden.

      Zum Beispiel:

      Der Ehemann hat während der Ehezeit Rentenanwartschaften in Höhe von € 630,00 erworben und die Ehefrau von € 620,00. Es findet kein Versorgungsausgleich mehr statt.

  5. Reform des ehelichen Güterrechts

    Am 20.08.2008 wurde ein Gesetzesentwurf zum Zugewinnausgleich beschlossen. Haben die Eheleute keinen Ehevertrag geschlossen, gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Rahmen einer Scheidung soll der Zugewinn ausgeglichen werden. Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen zum Zeitpunkt der Scheidungseinreichung das Anfangsvermögen zum Zeitpunkt der Eheschließung übersteigt. Derjenige Ehepartner, der einen höheren Zugewinn erwirtschaftet hat, ist ausgleichspflichtig.

    Neu!!
    Berücksichtigung von negativen Anfangsvermögen, Schutz vor Vermögensmanipulationen, Verbesserung des vorläufigen Rechtschutzes.

    • Ehemann M hatte bei Eheschließung € 20.000,00 Schulden. Ehefrau F hatte nichts. M zahlte während der Ehe seine Schulden ab. F sparte während der Ehe € 20.000,00 an. Nach bisherigem Recht wurden die Schulden – die das Vermögen überstiegen – nicht berücksichtigt. Das hatte zur Folge, dass nur F einen Zugewinn von € 20.000,00 erwirtschaftet hatte und davon € 10.000,00 Zugewinnausgleich an M bezahlen musste. Dieses ungerechte Ergebnis wird es künftig nicht mehr geben, da auch Schulden im Anfangsvermögen berücksichtigt werden. Dann haben beide Eheleute jeweils € 20.000,00 Zugewinn erwirtschaftet und F muss nichts an M bezahlen.

    • Ehefrau F reicht die Scheidung ein. Es wird ein Zugewinnausgleichsanspruch zum Zeitpunkt der Scheidungseinreichung zu ihren Gunsten in Höhe von € 20.000,00 ermittelt. Von der Scheidungseinreichung bis zur Scheidung vergehen sechs Monate. In diesem Zeitraum gibt ihr Ehegatte die € 20.000,00 für Urlaubsreisen mit seiner Freundin aus. Beim Scheidungstermin hat der Ehemann kein Vermögen mehr und muss die € 20.000,00 nicht an F bezahlen. Künftig sind diese Manipulationen nicht mehr möglich, da die Zustellung des Scheidungsantrages auch für die konkrete Höhe der Ausgleichsforderung entscheidend sein wird und damit der Anspruch von F bestehen bleibt.

    • Ehefrau F teilt ihrem Ehemann M ihre Trennungsabsicht mit. M schafft nunmehr Vermögen bis zum Scheidungsantrag beiseite, um seiner Ehefrau keinen Zugewinnausgleich bezahlen zu müssen. Bisher konnte die Ehefrau nichts dagegen unternehmen. Künftig kann F ihre Ansprüche in einem vorläufigen Rechtschutzverfahren sichern.

  6. Grundsatzentscheidung zur Dauer des nachehelichen Ehegattenunterhalt BGH-Urteil 18.03.2009
    (Az: 12 ZR 74/08)

    Der BGH entscheidet erstmals seit Geltung des neuen Unterhaltsrechts (01.01.2008) über die Dauer des Anspruchs auf nachehelichen Betreuungsunterhalt. Mit Urteil vom 18.03.2009 erteilt der BGH dem früheren Altersphasenmodell - das die Verlängerung des Betreuungsunterhalts (nach Vollendung des 3. Lebensjahr des Kindes) allein vom Kindesalter abhängig machte - eine klare Absage. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung gemäß § 1570 BGB ist vorrangig zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Betreuung des Kindes auf andere Weise als durch die Mutter gesichert ist.

    Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit dem neuen Unterhaltsrecht den Vorrang der persönlichen Betreuung durch die Eltern gegenüber einer anderen kindgerechten Betreuung aufgegeben hat. Der betreuende Elternteil kann sich also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. So lange sich das Kind in Fremdbetreuung (Schule, Kinderhort usw.) befindet, ist mithin die Mutter grundsätzlich verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

    Zu berücksichtigen sind aber auch elternbezogene Gründe. Diese kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die Ehefrau aufgrund gemeinsamer Lebensplanung mit ihrem Ehegatte ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Kindererziehung aufgegeben und Jahrelang diese Familienplanung so gelebt hat. Ein dadurch eventuell entstandener Vertrauenstatbestand ist als Nachwirkung dieser Ehe zu berücksichtigen und kann zur Verlängerung des Betreuungsunterhaltes führen.

    Im Ergebnis ist nun nicht mehr das Alter des Kindes für die Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit der Mutter entscheidend, sondern die Möglichkeit einer Fremdbetreuung des Kindes. Wenn die Fremdbetreuung gesichert ist, muss die Mutter in dieser Zeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

    Leider hat der BGH keine klaren Vorgaben für künftige Entscheidungen gegeben es wird bei Einzelfallentscheidungen bleiben.

    Caroline Kistler
    Rechtsanwältin und
    Fachanwältin für Familienrecht

  7. Nachträgliche Begrenzung und Befristung eines nacheheliche Ehegattenunterhalts

    Der BGH hat am 29.06.2011 (AZ: XII ZR 157/09) entschieden, dass auch ein vor langer Zeit zwi-schen geschiedenen Ehegatten vereinbarter Unterhaltsanspruch nach Erreichung des Rentenalters noch begrenzt und / oder zeitlich befristet werden kann.

    Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zu Grunde:
    Im Jahr 1985 verpflichtete sich der Ehemann im Rahmen des Scheidungstermins einen nachehelichen Unterhalt von monatlich € 1.789,52 zu bezahlen. Die Ehe wurde 1968 geschlossen und war kinderlos. Zum Zeitpunkt der Scheidung war die Ehefrau 43 Jahre alt.
    Nachdem die geschiedene Ehefrau im Jahr 2006 das allgemeine Rentenalter erreicht hatte, hat der geschiedene Ehemann Abänderungsklage erhoben mit dem Ziel, den Altersunterhalt sowohl der Höhe nach herabzusetzen als auch zeitlich zu befristen.
    Der BGH hat nun entschieden, dass der Unterhalt sowohl der Höhe als auch der Zeit nach begrenzt werden kann, wenn die geschiedene Ehefrau ohne ehebedingte Einschränkung ihrer Berufstätigkeit heute kein höheres Einkommen hätte, als ihr nunmehr tatsächlich zur Verfügung gestellt wird.
    Der BGH hat entschieden, dass durch den Versorgungsausgleich die während der Ehe entstandenen Nachteile vollständig ausgeglichen sind und deshalb der Unterhalt auf Null herabgesetzt werden kann. Selbst wenn der Unterhalt nur herabgesetzt werden könnte, wäre auch eine Befristung des Unterhalts möglich. Hier ist lediglich entscheidend, ob das Vertrauen der geschiedenen Ehefrau auf weitere Unterhaltszahlungen schützenswert ist. Schutzwürdig sei das Vertrauen, wenn sich die geschiedene Ehefrau auf den Fortbestand der bisherigen Unterhaltszahlungen eingestellt hat. Entscheidend ist hier, ob die geschiedene Ehefrau im Vertrauen auf die weiteren Unterhaltszahlungen finanziell weitreichende Entscheidungen getroffen hat wie z.B. eine noch abzubezahlende Eigentumswohnung erworben oder einen langfristigen Mietvertrag geschlossen hat. Entscheidend ist auch, ob die Tilgung einer eventuellen Eigentumswohnung bzw. die Bindung an einen Mietvertrag nicht oder nicht sogleich rückgängig gemacht werden kann.